Instandhaltungsstrategien: preventive, predictive oder proactive?

2022-07-24 00:52:36 By : Ms. Angel Huang

Unerwartete Anlagenausfälle verursachen nicht nur Kosten, sondern können eine Kette an negativen Folgen nach sich ziehen. Dem kann mit einem passenden Instandhaltungsplan vorgebeugt werden, zu dessen Mix auch die vorausschauende gehört.

Die Chemiebranche zeichnet sich durch spezielle und teure Anlagen aus, die oft einmalig sind. Hier ist das Risiko hoch, bei einem ungeplanten Ausfall wegen Lieferschwierigkeiten oder Ressourcen­engpässen Ersatzteile gar nicht oder nur schwer zu bekommen. Anlagen der Pharmaindustrie sind abseits von Verpackungsmaschinen zwar oft weniger komplex, dafür muss die Branche strenge gesetzliche Regularien einhalten: Werden vorgeschriebene Wartungen oder der Austausch von Teilen nicht ordnungsgemäß durchgeführt, können Unternehmen ihre Genehmigung verlieren, selbst wenn die Anlagen in einem Topzustand sind.

Wo hochpreisige Produkte produziert werden, summieren sich die Kosten bei Ausfällen schnell – es können auf einmal Verluste in Millionenhöhe entstehen. Bei der Verpackungsproduktion wirken sich wegen der Herstellung hoher Stückzahlen auch kleine Beträge schnell aus: Steht die Maschine eine Stunde lang, summieren sich erneut hier die Kosten. Unternehmen optimieren ihre Instandhaltung allerdings oft erst, wenn es bereits zu einem gravierenden Ausfall kam, der große Schäden verursacht hat. Manche Bemühungen zur verbesserten Instandhaltung sind wegen Ressourcenmangel nicht effektiv. In anderen Fällen wird die Implementierung vorausschauender Instandhaltung von der Konzernebene nach unten weitergereicht, wo das Team vor Ort ohne Unterstützung bei der Umsetzung nicht vorankommt. Wieder andere Unternehmen sind überfordert mit der Auswahl der Angebote und Begrifflichkeiten: Sie benötigen Orientierung und eine sinnvolle Vorgehensweise.

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Um ihr Instandhaltungsmanagement zu verbessern, benötigen Pharma- und Chemieunternehmen einen belastbaren Instandhaltungsplan. Er fußt auf vier Säulen: erstens die ausfallorientierte Instandsetzung, bei der defekte Teile ersetzt werden; sowie zweitens der laufzeitbedingte Austausch, also die vorbeugende, zeitbasierte Instandhaltung (Preventive Maintenance). Die dritte Säule ist die vorausschauende, zustandsorientierte Instandhaltung (Predictive Maintenance): der Austausch erfolgt hier nicht blind, sondern gezielt auf Basis von Messdaten. Die letzte Säule ist die proaktive Instandhaltung, bei der optimale Umgebungsbedingungen für die Maschinen geschaffen werden, um Fehlerquellen auszuschalten.

Das Einbinden von Systemen und Verfahren zur vorausschauenden Instandhaltung sollte zentrales Element in der Instandhaltung sein und kann die Anlagenverfügbarkeit signifikant erhöhen. Sie ist zum Beispiel bei teuren Anlagen oder Anlagenkomponenten mit langen Lieferzeiten der Chemiebranche sinnvoll und sorgt dafür, dass Investitionen an den richtigen Stellen vorgenommen werden. Auch Anlagen, die für die Produktion hochpreisiger Produkte wie Pharma-Artikel eingesetzt werden, sollten überwacht werden. In vielen Unternehmen gibt es hier Optimierungspotenzial. Im Pharma-Bereich kann zudem ein Fokus auf der proaktiven Instandhaltung sinnvoll sein

Ein optimierter Instandhaltungsplan sollte aus dem für das Unternehmen idealen Maßnahmen-Mix bestehen. Mit einer guten Instandhaltung kann Geld gespart werden, da die Einsatzzeit der Anlage steigt. Das Gleiche gilt für das Ersatzteilmanagement inklusive Lagerhaltung: Eine gute Vorbereitung mit Arbeitsplanung und -anweisungen sowie vorbereitetem Equipment kann die Wrench Time maximieren, also jene Zeit, die Technikern für die Arbeit an der Maschine zur Verfügung steht. Sie geht oft verloren, wenn Ersatzteile nicht vorhanden oder Arbeitsanweisungen unklar sind. Hier liegen große Einsparpotenziale für die Pharma-Industrie – im Idealfall kann die Wrench Time signifikant angehoben werden.

Doch auch so anscheinend simple Komponenten wie ein gutes Schmierprogramm sind wichtige Bestandteile eines optimalen Instandhaltungsplans: Ein Großteil der ungeplanten Ausfälle erfolgt wegen falscher Schmierung, wenn zu viel, zu wenig oder mit dem falschen Produkt geschmiert wird. Dem kann vorgebeugt werden: Grundsätzlich ist eine solide Datenbasis eine wichtige Voraussetzung für die kontinuierliche Optimierung eines Instandhaltungsplans. Sie gilt es, zentral auf einer Plattform zu sammeln, zu verbinden, zu verwalten und zu analysieren. Über Algorithmen, Analysen und Augmented Intelligence können dann Schäden früh erkannt, wiederkehrende Probleme identifiziert und daraus Handlungsempfehlungen für den Betreiber abgeleitet werden.

Oft fällt es Unternehmen schwer, den richtigen Mix zu finden. So ist zum Beispiel der laufzeitbedingte, präventive Austausch nicht per se sinnvoll. Dabei werden auch Teile ausgetauscht, die noch funktionsfähig sind. Und: Gerade nach einem Komponentenaustausch ist die Wahrscheinlichkeit von Problemen statistisch gesehen höher, gleichzeitig ist die Mehrzahl der Ausfälle statistisch laufzeitunabhängig. Anlagen in der Chemie halten Teile oft redundant vor, etwa Pumpen. Unternehmen übersehen dann, die Ersatzpumpen zu überwachen und dafür zu sorgen, dass sie einsatzbereit sind. Denn auch Standschäden, etwa verursacht durch Schwingungen der benachbarten Anlagen, können entstehen.

Ein weiteres Problem stellt eine ungeeignete Sensorik dar: Nur wenn man weiß, welche Schadensfälle detektiert werden sollen, kann die richtige Sensorik ausgewählt und installiert werden. Sie ist der erste Baustein für genaue und gute Daten: Misst ein Schwingungssensor zum Beispiel einen zu niedrigen oder zu hohen Frequenzbereich, werden Fehler außerhalb des Messfensters nicht wahrgenommen und wertvolle Reaktionszeit kann damit verloren gehen. Hier ist einschlägiges Wissen über die Parametrisierung der Sensorik unabdingbar. Darüber hinaus muss die Zuordnung von Datenstämmen und Messpunkten korrekt erfolgen.

Die Chemie stellt das wegen der großen Anlagenmenge vor Herausforderungen – ein Werk kann schnell 400 oder 500 Pumpen besitzen. Dann verursacht die schiere Menge der Sensorik bzw. der notwendigen Handmessungen hohe Kosten. Auch die entstehende große Datenmenge muss bewältigt werden.

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Anders als Pharma steht die Chemiebranche unter stärkerem Kostendruck – Unternehmen brauchen konkrete Anwendungsfälle, um in die Optimierung der Instandhaltung zu investieren. So kann zunächst ein Audit bzw. ein Assessment vorgenommen und der Ist-Zustand vor Ort erfasst werden. Danach wird das Ziel bestimmt: Das Unternehmen legt die Messlatte fest. Es sollte dann aufgezeigt werden, mit welchen Maßnahmen sich die schnellsten Erfolge erzielen lassen. Zentral im Prozess ist die Kritikalitätsanalyse. Hierbei wird aufgeschlüsselt, welche Anlagen besonders kritisch für die Produktion sind und deren Ausfall es auf jeden Fall zu vermeiden gilt: Für sie bietet sich eine dauerhafte Überwachung an. Bei anderen Maschinen kann der Fokus darauf liegen, Schäden auftreten zu lassen und sie möglichst zeitnah zu beheben.

Nach der Kritikalitätsanalyse wird die Fehleranalyse Failure Mode and Effects Analysis (FMEA) durchgeführt. Dabei werden drei Fehlermodi unterschieden: das Design, das heißt die Art der Verschleißteile und Abnutzung, sowie Kontext bzw. Funktion, das heißt in welchen Umgebungsbedingungen eine Anlage betrieben wird. Dieser Teil spielt für die Chemie eine zentrale Rolle, da Produkte, die gefördert oder hergestellt werden, Eigenschaften besitzen, die Anlagen angreifen können, was schneller zu Ausfällen führen kann. Der dritte Fehlermodus ist der Prozess: Er beschreibt, ob eine Maschine innerhalb oder außerhalb ihrer Spezifikation betrieben wird. Ob die FMEA vollständig erfolgt oder nur mit dem Fokus auf Failure Mode by Design, bestimmt das Ergebnis der Kritikalitätsanalyse. Für unkritische Maschinen kann sie ganz entfallen.

Im nächsten Schritt werden die Umsetzungsvarianten eruiert: Das Unternehmen kann die Maßnahmen der Handlungsempfehlungen selbst implementieren, sich anleiten lassen oder den Vorgang outsourcen.

Daten sind das A und O für die Produktion im Sinne der Industrie 4.0. Es gilt, sie kontinuierlich zu verwenden und aus ihrer Akkumulation konstant Erkenntnisse zu gewinnen. So können Prognosen erstellt und Probleme entdeckt werden, die sonst im Verborgenen bleiben. Mit einer leistungsfähigen Datenplattform, die alle erhobenen Daten und Berichte integriert, konsolidiert und bereitstellt, können sie analysiert und wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. KPIs (Key-Performance-Indicators) können dann als Entscheidungsgrundlagen für das Management dienen.

Deswegen schließt sich der Implementierung des Instandhaltungsmixes eine Überwachung und Nachjustierung an. Mit einer umfassenden Diagnostik kann eine Früherkennung der Fehler erfolgen, sodass die Behebung geplant erfolgen kann. Die Datenplattform ermöglicht den Schritt von Predictive zu Prescriptive Maintenance, von der vorausschauenden Instandhaltung hin zu einer agilen Strategie, die konstant optimiert, die Leistung steigert und Risiken weiter minimiert. Predictive Maintenance hilft, einen sich entwickelnden Schaden frühzeitig zu entdecken und so einen ungeplanten Stillstand zu vermeiden. Prescriptive Maintenance stellt hingegen die Frage, was getan werden muss, damit der Schaden erst gar nicht entsteht.

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