++ Ukraine-Krieg: Russland verändert Taktik in der Ukraine

2022-07-02 12:24:37 By : Mr. Anthony Li

Von: Tobias Utz, Marvin Ziegele, Christian Stör

Die Lage im Ukraine-Krieg spitzt sich weiter zu – militärisch, diplomatisch und humanitär: der News-Ticker am Samstag, 2. Juli.

+++ 14.00 Uhr: Im Ukraine-Krieg sieht der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak eine veränderte Kriegsführung der russischen Armee. „Es ist eine neue Taktik Russlands: Wohnviertel zu attackieren und Druck auf westliche politische Eliten auszuüben, um die Ukraine zu zwingen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen“, sagte Podoljak nach Berichten verschiedener Medien in Kiew. Moskau nehme keine Rücksicht darauf, wie die Welt auf „unmenschliche Angriffe“ mit Marschflugkörpern auf Wohnviertel reagiere.

Russland kämpfe nicht, um Gebietsgewinne zu erzielen, sondern um die Ukraine zu zerstören und eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa zu schaffen, sagte der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Russland habe seine Taktik ändern müssen, weil das Militär „nicht weiß, wie man auf dem Schlachtfeld gut kämpft“. Jetzt bestehe Moskaus Taktik darin, die Welt so zu erschrecken, dass sie sich vom Krieg in der Ukraine abwende und sage: „Tut alles, was sie wollen. Hauptsache, dieser Horror geht nicht weiter, damit wir ihn nicht jeden Tag auf den Seiten unserer Zeitungen oder im Fernsehen sehen.“

+++ 12.30 Uhr: Russland soll nach ukrainischen Angaben bei Raketenangriffen auf die Stadt Slowjansk im Osten der Ukraine verbotene Streumunition eingesetzt haben. Dabei seien in der Nacht zum Samstag zivile Bereiche getroffen worden, in denen es keine Militäranlagen gebe, berichtete Bürgermeister Wadym Ljach auf Telegram. Vier Menschen seien getötet, sieben Menschen verletzt worden. Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper freisetzen. Ihr Einsatz ist völkerrechtlich geächtet.

+++ 12.00 Uhr: Offenbar konnten russische Truppen rund um die umkämpfte ostukrainische Stadt Lyssytschansk dank andauernder Luft- und Artillerieangriffe kleinere Geländegewinne erzielen. Dies teilte das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf britische Geheimdiensterkenntnisse mit. Ukrainische Einheiten würden den Vormarsch aber offenbar in den südöstlichen Vororten der Stadt blockieren. Großbritannien veröffentlicht seit Kriegsbeginn täglich in beispielloser Form Einschätzungen seiner Geheimdienste zum Kriegsverlauf.

+++ 10.30 Uhr: In der Ost- und in der Südukraine sind Stellungen der ukrainischen Armee entlang der ganzen Frontlinie von russischen Truppen mit Artillerie beschossen worden. Dutzende Orte in den Gebieten Charkiw, Donezk, Luhansk, Saporischschja, Mykolajiw und Cherson wurden am Freitag in dem bei Facebook veröffentlichten Bericht des ukrainischen Generalstabs aufgezählt. Vereinzelt seien auch Angriffe von Flugzeugen und Hubschraubern geflogen worden, hieß es. Ukrainische Einheiten hätten einen russischen Angriff bei einem Gelatine-Werk bei der Industriestadt Lyssytschansk im Gebiet Luhansk abgewehrt.

In einem Update am 2. Juli berichtet der Generalstab, dass die russischen Streitkräfte in Slowjansk in die Defensive geraten sind und ukrainische Vorstöße in der Nähe von Charkiw abzuwehren versuchen. Die Berichte können nicht unabhängig geprüft werden.

+++ 08.00 Uhr: Aus der ukrainischen Stadt Mykolajiw gibt es Berichte über Detonationen am frühen Morgen. „Es gibt starke Explosionen in der Stadt! Bleibt in den Schutzräumen!“, schrieb Bürgermeister Oleksandr Senkevich auf Telegram. Die Ursache ist noch nicht bekannt.

Update vom Samstag, 2. Juli, 06.00 Uhr: Mit scharfen Worten hat die Ukraine einen russischen Raketenangriff mit mindestens 21 Toten und 39 Verletzten auf ein Wohnhaus im südukrainischen Gebiet Odessa verurteilt. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem „absichtlichen, gezielten russischen Terror“. In dem Haus seien weder Waffen noch militärische Ausrüstung versteckt gewesen - „wie russische Propagandisten und Beamte immer über solche Angriffe erzählen“, sagte er in einer Videobotschaft. 

Gleichzeitig warf Außenminister Dmytro Kuleba im Zusammenhang mit dem Raketenangriff Russland einen Krieg gegen Zivilpersonen vor. „Ich fordere unsere Partner dringend auf, der Ukraine so schnell wie möglich moderne Raketenabwehrsysteme zur Verfügung zu stellen. Helft uns, Leben zu retten und diesem Krieg ein Ende zu setzen“, teilte Kuleba per Twitter mit.

+++ 20.44 Uhr: Die Ukraine hat der russischen Armee vorgeworfen, die Schlangeninsel im Schwarzen Meer mit Phosphorbomben angegriffen zu haben. Moskaus Truppen hätten am Freitagabend „zweimal einen Luftangriff mit Phosphorbomben ausgeführt“, schrieb der ukrainische Armeechef Walerij Saluschny auf Telegram. Erst am Donnerstag hatte die russische Armee ihren Rückzug von der ukrainischen Insel erklärt, die sie zuvor vier Monate lang besetzt gehalten hatte.

+++ 18.42 Uhr: Nach den russischen Raketenangriffen in der südukrainischen Region Odessa ist die Zahl der Toten nach ukrainischen Angaben auf 21 gestiegen. Unter den Toten sei auch mindestens ein Kind, ein zwölfjähriger Junge, sagte der Sprecher der Regionalverwaltung von Odessa, Serhij Bratschuk, dem ukrainischen Fernsehen am Freitag. Bei den Angriffen in der rund 80 Kilometer südlich der Hafenstadt Odessa gelegenen Ortschaft Serhijiwka wurden nach Angaben ukrainischer Rettungskräfte 39 Menschen verletzt, darunter sechs Kinder.

Bratschuk zufolge wurden die Raketen von über dem Schwarzen Meer fliegenden Kampfflugzeugen abgefeuert. Die Geschosse schlugen in einem Wohngebäude und in einem Freizeitzentrum ein. Laut den Rettungskräften starben in dem Wohnhaus 16 Menschen. In dem Freizeitzentrum wurden fünf Menschen getötet, darunter ein Kind. Moskau bestritt gezielte Angriffe der russischen Armee auf Zivilisten in der Ukraine. Die russischen Streitkräfte gingen bei ihren Einsätzen „nicht gegen zivile Ziele“ vor, versicherte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Erstmeldung vom Freitag, 1, Juli 2022: Bei einem russischen Raketenangriff auf ein Wohngebäude in der südukrainischen Region Odessa sind nach ukrainischen Angaben mindestens 14 Menschen getötet worden. Die ukrainischen Rettungsdienste sprachen am Freitag von 14 Toten und 30 Verletzten. Unter den Verletzten seien drei Kinder. Die Rettungsarbeiten würden andauern, sie würden aber durch ein Feuer erschwert.

Der Sprecher der Regionalverwaltung von Odessa, Serhij Bratschuk, hatte zuvor erklärt, von der Rakete sei ein neunstöckiges Wohnhaus in der Gegend von Bilhorod-Dnistrowsky rund 80 Kilometer südlich der Hafenstadt Odessa getroffen worden. Demnach wurde die Rakete von einem über dem Schwarzen Meer fliegenden Flugzeug aus abgefeuert.

Nach ukrainischen Angaben wurde das Wohngebäude durch den Angriff teilweise zerstört. Die Rettungskräfte hatten zunächst von sechs Toten und sieben Verletzten gesprochen. Später stieg die Zahl der Toten auf zehn und dann auf 14. (marv/tu mit AFP/dpa)