Kaum Recycling in der Baubranche - noe.ORF.at

2021-12-18 03:20:53 By : Ms. Cindy Wong

Abfall, Treibhausgase, Ressourcenknappheit – in der Baubranche kommen mehrere Faktoren der Klimakrise zusammen. Allerdings werden Recycling und Kreislaufwirtschaft nur sparsam eingesetzt, finanzielle Anreize könnten helfen.

Feine Haufen roter und grauer Steine ​​sind nebeneinander aufgereiht. Das ist alles, was von den Häusern übrig geblieben ist, nachdem die Maschinen der Regrub-Firma die zerbrochenen Ziegel und den Beton zerkleinert haben. Das Recyclingmaterial auf dem Gelände in Kollersdorf (Bezirk Tulln) muss bestimmte Kriterien erfüllen, um wieder Baustoff werden zu können. „Je nach Anforderung kann es als Unterbau für Straßen oder Häuser verwendet werden. Das Material Ziegel wird gerne für den Straßenbau verwendet“, sagt Philipp Müller, der bei regrub für die Abfallwirtschaft zuständig ist.

Bisher wurde bei der Herstellung von Beton und Ziegeln viel Energie benötigt und Treibhausgase freigesetzt. Regrub versucht nun, die zerbrochenen Ziegel und den Beton wiederverwendbar zu machen. Eisen, Gips, Holz und Keramik werden ausgesiebt. „Das sind kleine Bruchteile. Wir können rund 75 Prozent von dem, was aus einem Abbruchhaus zu uns kommt, recyceln“, sagt Müller. Die Nebenprodukte werden aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr verarbeitet und landen beispielsweise auf Deponien.

Diese Entsorgung auf Deponien sei noch viel zu selbstverständlich und zu billig, sagt die Geschäftsführerin des ORTE Architekturnetzwerks Niederösterreich, Heidrun Schlögl. Beim Thema Recycling im Bauwesen sieht sie noch nicht einmal einen Trend in der heimischen Baubranche: „Häuser sollten mit Materialien gebaut werden, die sich zerlegen, recyceln und recyceln lassen. Die zirkuläre Bauwirtschaft wird sehr wichtig werden, aber es braucht einen entsprechenden rechtlichen Rahmen, den es noch nicht gibt. "

Das ist wichtig, weil die Bauindustrie nach Angaben der Vereinten Nationen für 38 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist. Und die Ressourcen für den Bau gehen zur Neige. Der Abbau von Sand, der beispielsweise für Beton verwendet wird, hat sich laut Heidrun Schlögl in den letzten 20 Jahren verdreifacht. „Zement und Beton sind umweltschädlich. Für den Bau eines Einfamilienhauses normaler Größe benötigt man etwa 200 Tonnen Sand, für den Bau eines Kilometers Autobahn 30.000 Tonnen. „Alternative Baustoffe werden zu wenig verwendet:“ Allen voran Holz, natürlich heimisches Holz und kein Tropenholz, Lehm, der älteste Baustoff überhaupt, oder auch Hanfbeton, der ohne Sand auskommt. "

Der Flächenverbrauch ist einer der größten Treiber der Klimakrise. Der ORF Niederösterreich beschäftigt sich jeden Samstag mit unterschiedlichen Aspekten des Bauens, Wohnens und der Bodenversiegelung.

Bauen mit Naturmaterialien solle finanziell unterstützt werden und der Abfall müsste für die Bauwirtschaft teurer werden, so Schlögl. Sonst gibt es kein Umdenken in der Branche, denn in der Praxis gibt es zu viele Hürden, wenn Material recycelt oder nachhaltiger gebaut werden soll. „Wir brauchen einen klugen Umgang mit Ressourcen, denn derzeit erzeugen wir nur Abfall, verursachen Emissionen und verschwenden Energie“, sagte Schlögl im Interview mit noe.ORF.at.

Neben dem Recycling gibt es auch den Ansatz, ganze Bauelemente aus abgerissenen Häusern in neuen Projekten zu verwenden. Diese Wiederverwendung scheitert oft an der Logistik und dem Timing, sagt Dietmar Wiegand. Er lässt ein ehemaliges Hotel in St. Corona am Wechsel (Kreis Neunkirchen) abreißen. Alles, was für andere Gebäude verwendet werden kann, wird vorher von einem Fachbetrieb demontiert. Einen geeigneten Neubau zu finden ist kompliziert.

„Wer braucht dieses Element jetzt? Wir hätten gerne noch mehr wiederverwendet, aber das ist schwer zu vermitteln“, sagt Wiegand, der sich auch in seiner Tätigkeit als Universitätsprofessor an der TU Wien mit dem Thema beschäftigt. Es ist nicht vorgesehen, die Elemente lange zu lagern, bis sie benötigt werden. Für die Dachkonstruktion des Hotels wurde in St. Pölten ein passender Neubau gefunden. Die Fenster und Türen könnten auch über die Firma Materialnomaden arrangiert werden. Für den Straßenbau werden Steine ​​und Ziegel verwendet.

„Natürlich ist es zeitaufwändiger, als alles mit einem Bagger abreißen zu lassen, aber es ist die ökologische Art, die man jetzt machen kann“, sagt Materialnomadensprecher Christian Ruthner. In der Dachkonstruktion werden rund 40 Kubikmeter Holz eingespart. „In einer Tonne Holz ist ein Kubikmeter CO2 gespeichert; Wenn Sie das Holz wiederverwenden, bleibt diese Einsparung erhalten. Es wird nicht durch Verbrennen freigesetzt. Wenn Sie neues Holz nehmen, müssen Sie es zuerst verarbeiten, da Emissionen entstehen. "

Der Rückbau sei aufwendig und zeitaufwändig, aber das müsse man mit den Kosten für Abriss und Entsorgung vergleichen, so Ruthner. „Die Kosten verschieben sich, aber wir achten darauf, dass es nicht mehr als den Neupreis gibt.“ Zudem bleibt die Wiederverwendung eines architektonischen Mehrwerts erhalten: „So viel geht verloren, wenn man sozusagen alles aus dem Fenster wirft, ohne nachzudenken.“ Vieles Was die materiellen Nomaden im Hotel Waldhof demontieren, wird später an gleicher Stelle wieder aufgebaut. In den geplanten neuen Ferienhäusern nutzt Bauherr Wiegand den ehemaligen Stammtisch, Resopaltische und den Parkettboden des Hoteltanzsaals.

Die Verwendung des vorhandenen Materials ist ihm ein ökologisches und kulturelles Anliegen: „Hier war immer der Ball des Ortes, und es ist interessant, dieses historische Material in Neubauten wiederzuverwenden, damit die Geschichte erzählt werden kann. Wir wollen keine gesichtslosen Ferienhäuser bauen, sondern sie sollen ein wenig die Geschichte des Ortes und des Waldhofes erzählen. "

Der Rückbau des Hotel Waldhof ist jedoch ein seltenes Projekt. Architekturnetzwerk-Geschäftsführer Schlögl spricht sich für gesetzliche Regelungen und verbindliche Standards zur Förderung des Recyclings am Bau aus. Ausgangsmaterial dafür gibt es immer, denn während der Pandemie werden besonders viele Gebäude abgerissen, wie beim Recyclingunternehmen regrub in Kollersdorf zu sehen ist. Die Mengen würden weiter steigen.

Nina Pöchhacker, noe.ORF.at